CVC Report Trend 1: Strategie vs. ROI

Dezember 2023

Fee Gunkel

Strategie vs. ROI

Es sind TV-Sendungen wie „Die Höhle der Löwen“ oder „Das Ding des Jahres“, der „Start-up Insider“ oder „OMR“ Podcast, berühmte Investoren wie Moderator Joko Winterscheid oder Ex-Rennfahrer Nico Rosberg und ganze Medienportale wie gründerszene.de, die sich diesem Thema widmen: den Investitionen in Start-ups. Unternehmensgründungen sind modern, Entrepreneure zum Teil Superstars und wer als Unternehmer oder Unternehmen am Zahn der Zeit bleiben möchte, muss in dieser Szene mitreden können.

Die Welt der Unternehmensbeteiligungen hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert, ganz besonders aus Unternehmenssicht. Denn unter den Start-up-Investoren tummeln sich längst nicht mehr nur professionelle Investoren (VCs) und Business Angels, inzwischen sind auch Corporates in der Szene unterwegs. Also Kapitalgeber, die nicht mit dem Geld und im Interesse einer Person oder Familie arbeiten, sondern die im Namen eines großen Konzerns investieren.

Natürlich haben große Konzerne sich schon immer an Unternehmen beteiligt. Etwa in Form von Merger & Acquisitions (M&As). Unternehmen werden in diesem Fall aber nach dem Kauf in die Strukturen des Konzerns integriert und verschwinden meistens als eigenständige Unternehmen vom Markt.

Corporate Venture Capitalists (CVCs) dagegen arbeiten nach einem anderen Paradigma. Ihre Herangehensweise ist es, ganz gezielt in vielversprechende Start-ups zu investieren, allerdings OHNE das Ziel, sie direkt ins eigene Organigramm zu integrieren. Stattdessen sollen die Start-ups eigenständig weiterarbeiten und wachsen.


STRATEGISCHE ZIELE ALS MOTIVATION ZUR GRÜNDUNG EINES CVCs.

Doch was treibt Unternehmen dazu, CVCs zu gründen? In der Regel sind die Beweggründe dafür nicht, neue Umsatzströme zu erschließen oder kurzfristig Geld durch Investments zu verdienen.

Vielmehr sind es strategische Gründe, warum Unternehmen ihre eigenen Venture Capital Einheiten gründen und damit in Start-ups investieren. Im Mittelpunkt steht die Idee, das Kerngeschäft ihres Unternehmens durch strategische Investitionen in Start-ups zu stärken. Es geht um das Innovationsbedürfnis der Unternehmen. Unternehmen wollen am Zahn der Zeit sein, über disruptive Geschäftsmodelle Bescheid wissen und frühzeitig Verbindungen zu vielversprechenden Start-ups herstellen. Daher stehen die strategischen Aspekte bei der Initiierung des CVCs stets im Vordergrund.

FINANZIELLE KENNZAHLEN ALS WICHTIGE MESS- UND STEUERUNGSGRÖSSE.

Moderne Unternehmenssteuerung basiert auf Key Performance Indicators (KPIs). Verantwortliche können auf Basis dieser Kennzahlen entscheiden und objektiv etwa den richtigen Weg für die Zukunft ansteuern. Bei der Steuerung von CVCs gibt es dabei allerdings eine Herausforderung: Der strategische Mehrwert von Investitionen ist kaum quantifizierbar. Es lässt sich nicht simpel in einer Zahl ausdrücken, wie sehr ein CVC die Innovationskraft eines Unternehmens steigert oder wie viel strategischer Vorteil daraus entsteht. Genutzt wird stattdessen der Return on Investment (ROI). Dieser lässt sich präzise berechnen und wird daher als KPI genutzt. Er misst aber nicht die Innovationskraft, sondern per Definition den „Return of Investment”, d.h. den finanziellen Mehrwert durch die Investition.

In der Praxis ist der ROI für Unternehmen eine hoch relevante Kennzahl, um ihre teils millionenschweren Investments in CVC-Einheiten zu begründen und zu überwachen. Er ist eine Messgröße, um die eigenen Start-up-Engagements zu bewerten und hilft, den Erfolg der eingegangenen Beteiligungen nachzuvollziehen.

Zusätzlich bringt Fokus auf den ROI im VC-Markt einen entscheidenden Vorteil. Er hilft den Corporates dabei, als ernstzunehmender Investor wahrgenommen zu werden. Das liegt daran, dass professionelle VCs sehr intensiv mit dem ROI arbeiten und ihr Geschäftsmodell sich darüber definiert. Damit sind die Regeln am VC-Markt festgelegt. Wer Erfolg haben will, muss nach ihnen spielen. Wenn CVCs den ROI als relevante Kennzahl für sich definieren, ergibt sich eine Art Katalysator-Effekt: der CVC fängt an zu denken und zu arbeiten, wie herkömmliche VCs im Markt.

Die Herangehensweise von CVCs wird damit auf Links gedreht und den VCs angepasst. Diese lehnen Mehrheitsbeteiligungen ab und wollen nur Minderheiten am Start-up halten. Sie fördern die Skalierungsfähigkeit von Start-ups und legen keinen Wert auf Exklusivität. Vielmehr werden Strukturen aufgebaut, die mit der Geschwindigkeit im Markt mithalten können. Erst wenn CVCs das berücksichtigen, zeigen sie, dass sie verstanden haben, wie der professionelle Wagniskapital-Markt funktioniert. Damit beweisen sie, dass sie bereit sind, nach den Regeln dieses Ökosystems zu spielen. Dieses Signal ist es, was den Start-ups zeigt: Ein CVC ist ein valider Kapitalgeber und keine potenzielle Bedrohung, welche im schlimmsten Fall unnötig Kapital und Ressourcen blockiert. Erst wenn diese Message im VC-Markt durchgedrungen ist, kann es CVCs gelingen, einen wertvollen Dealflow aufzubauen.

DIE BEDEUTUNG DES STRATEGISCHEN MEHRWERTS.

Trotz Fokus auf den ROI darf die strategische Komponente hinter den CVC-Investments nicht vergessen werden. Sie ist immerhin der Grund, warum Corporates ihre Investitionsaktivitäten über ein CVC starten. Denn es geht natürlich weiter darum, strategische Mehrwerte aus den Investments zu generieren und diese auch innerhalb der Organisation zu kommunizieren. Solche Leuchtturmprojekte sind auch wichtig für die Bestätigung der Investments. Sie helfen dabei, Investitionen gegenüber den Mitarbeitern und Entscheider zu verargumentieren, selbst wenn der strategische Mehrwert nicht direkt messbar ist. Anteilseigner und Entscheider können auf diese Weise bei Laune gehalten werden, selbst wenn es möglicherweise fehlgeschlagene Investitionen gab, oder noch keine Auszahlungen oder erfolgreiche Exits gefeiert werden konnten.

FAZIT.

CVCs werden aus strategischer Sicht gegründet, um aber erfolgreich zu sein, muss nach den Regeln des VC-Marktes gespielt werden. Bemessen wird der Erfolg deshalb am ROI. Diese Kennzahl ist es auch, welche CVCs dabei hilft, im VC-Markt so zu handeln, wie es auch reine Venture Capitalists machen. Nur wenn das gelingt, kann sich ein CVC in der Investmentwelt etablieren und auch von Start-ups als wertvoller Partner gesehen werden.

AUSBLICK.

Im nächsten Teil dieser Serie geht es um die Finanzierung der CVCs. Im Mittelpunkt steht unter anderem die Frage, wie Unternehmen handeln sollten, wenn Misserfolge oder schwierige wirtschaftliche Prognosen die Stimmung trüben.

ÜBER MRC.

Mücke Roth & Company ist eine inhabergeführte Unternehmensberatung im Herzen Münchens mit ca. 50 festangestellten Professionals und über 70 selbstständigen Branchenexperten. Seit 2003 schaffen wir Wachstum für unsere Kunden, indem wir bei Strategieentwicklung und Umsetzung "hands-on" begleiten. In unseren Beratungsteams vereinen wir langjährige operative Praxiserfahrungen, Branchen Know-how und methodische Beratungsexpertise. Darüber hinaus sind wir als seit 2015 als Start-up-Investor tätig und begleiten unsere Beteiligungs-Unternehmen langfristig als Investor, Inputgeber und Challenger.

ÜBER DIE CVC-TRENDREPORT METHODIK.

Der CVC-Trendreport 2023 bietet Einblicke in das deutsche Corporate Venture Capital (CVC) Ökosystem. Er stützt sich auf 25 Interviews durchgeführt von Mücke Roth & Company mit Corporate Venture Capital-Einheiten, Konzernen, Mittelständlern, Start-ups und Venture-Capital-Firmen. Die Ergebnisse der Interviews wurden in sechs Trend-Insights konsolidiert. Diese bieten wertvolle Erkenntnisse für die CVC-Branche sowie für ambitionierte Unternehmen, die sich mit diesem Thema befassen möchten.

Fee Gunkel

Investment Managerin

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