
Intelligenter Netzausbau – KI-gestützte Effizienzsteigerung in der Glasfaserbranche
JUNI 2025

Dr. Frank Sambeth

Tom Ruthsatz

Isabel Winden
Kaum eine technologische Entwicklung bewegt derzeit Wirtschaft und Gesellschaft so stark wie künstliche Intelligenz – doch was bedeutet ihr rasantes Fortschreiten konkret für die Glasfaserbranche?
Künstliche Intelligenz entwickelt sich stetig weiter – von regelbasierten Systemen über maschinelles Lernen hin zu generativen Modellen mit realem Geschäftsnutzen.
Diese Entwicklung zeigt sich nicht nur in technologischen Fortschritten, sondern auch im gestiegenen wirtschaftlichen Impact: Während „Decision KI“ in vielen Unternehmen bereits operative Effizienzsteigerungen erzielt, eröffnet „Generative KI“ völlig neue Anwendungsbereiche – etwa in der automatisierten Inhaltserstellung oder Prozesssteuerung. Für alle KI-Typen gilt die klare Prämisse: Verantwortung, Datenschutz und Transparenz sind Grundvoraussetzungen für den nachhaltigen Einsatz.

Drei technologische Trends bestimmen die nächste Evolutionsstufe leistungsfähiger KI-Anwendungen. Moderne generative KI-Modelle entwickeln zunehmend die Fähigkeit zu mehrstufigem „Reasoning“, wodurch sie komplexe Aufgaben strukturierter und nachvollziehbarer lösen können. Gleichzeitig erweitern multimodale Systeme, die Text, Sprache, Bilder oder Videos gleichermaßen verarbeiten, das Einsatzspektrum – insbesondere in dialogorientierten Anwendungen. Ergänzt wird dieser Fortschritt durch agentenbasierte Architekturen, in denen spezialisierte KI-Agenten ganze Aufgabenketten eigenständig planen, koordinieren und ausführen.
Vor allem die Glasfaserbranche steht beim Thema KI nicht am Anfang, sondern mitten in der Umsetzung – mit klarem Fokus auf Skalierung, wirtschaftlichem Impact und messbarem ROI.

Natürlich finden KI-Anwendungen auch in allgemeinen und unterstützenden Bereichen der Glasfaserbranche ihren Einsatz – etwa als Co-Piloten im Office-Umfeld oder in Lösungen für Einkauf und Finanzwesen. Die wirklich entscheidenden Potenziale liegen im erfolgreichen Netzausbau selbst: Dieser ist geprägt von einer nahezu unendlichen Vielfalt an lokalen Gegebenheiten – von Bodenbeschaffenheit und Bebauung bis hin zu Vegetation und bestehender Infrastruktur. Standardisierte Planungsansätze stoßen hier schnell an ihre Grenzen. KI Anwendungen bieten genau dort Mehrwert, wo menschliche Kapazitäten limitiert und manuelle Prozesse fehleranfällig sind.
Ein zentrales Problem vieler Netzbetreiber ist der Mangel an aktuellen und präzisen Daten. Bereits in der Planungsphase erschwert dies eine verlässliche Projektierung – etwa, wenn Informationen zu komplexen Trassenführungen oder bestehenden Infrastrukturen fehlen. Im Bauprozess selbst verschärft sich die Situation: Vor Ort stehen häufig nur wenige Fachkräfte zur Verfügung, die zudem nicht immer über die nötige Qualifikation oder ausreichend Zeit verfügen. Das führt zu ineffizienten Abläufen und erhöhten Nachbesserungskosten. Hinzu kommt, dass die exakte Dokumentation – etwa von Schächten, Hausanschlüssen oder der Homes-Passed-Plus-Erschließung – oft vernachlässigt wird. Die Folge ist eine fragmentierte Datenlage, die die spätere Abrechnung und den Netzbetrieb zusätzlich erschwert.
Verschiedene Anbieter begegnen diesen Herausforderungen mit intelligenten, KI-gestützten Lösungen, die die Datenerhebung und -verarbeitung automatisieren und damit die Planungs- und Ausbauqualität signifikant steigern. Zum Beispiel erkennt die KI-basierte Logik der Gesbro GmbH automatisch Baumkronen entlang geplanter Trassen, analysiert Wurzelstrukturen und schlägt Alternativrouten vor – eine Aufgabe, die manuell kaum realisierbar wäre und kostensenkend ist. Die TKI mbH setzt zum Beispiel auf eine eigens entwickelte mobile 3D-Scan-Lösung. Die Anwendung kombiniert LiDAR sowie hochauflösende Bild- und Videoaufnahmen zur Erstellung präziser 3D-Modelle von Gräben und unterirdischer Infrastruktur. Die erfassten Daten können in Echtzeit dokumentiert, bereitgestellt und in bestehende GIS-Workflows integriert werden. Dadurch wird eine vollständige und nachvollziehbare Baufortschrittsdokumentation ermöglicht, die nicht nur Nacharbeiten reduziert, sondern auch als belastbare Grundlage für die Abrechnung baulicher Maßnahmen dient. Auch bei der NE4-Planung und Dokumentation von Inhouse-Verkabelungen kommt Künstliche Intelligenz zunehmend zum Einsatz: Mobile Lösungen ermöglichen die automatische Erkennung und Zuordnung von Leitungswegen, Dosen, Verteilern und Technikschränken innerhalb von Gebäuden. Die KI agiert als intelligenter Assistent, der Vorschläge zur Objektzuordnung macht, die bei Bedarf vom Nutzer angepasst werden können. Ergänzend kommen benutzerfreundliche Apps zum Einsatz, mit denen geo- und zeitreferenzierte 3D-Scans und Fotos der Situation direkt vor Ort erfasst werden. Besonders effizient: Die erfassten Daten werden im Hintergrund automatisch analysiert, strukturiert und stehen dem Planungsteam innerhalb weniger Stunden zur faktenbasierten Klärung von Fragen zu Aufmaß, späterer Abrechnung oder Klärung eventueller Mängel zur Verfügung.
FAZIT.
Künstliche Intelligenz zeigt in der Glasfaserbranche bereits heute spürbaren Nutzen – etwa in der Planung, Bauausführung und Dokumentation – und trägt so zur Prozessbeschleunigung, Kostensenkung und Qualitätssteigerung bei. Entscheidend für den Erfolg ist jedoch die Einbettung in funktionierende Daten und Prozesslandschaften. Denn KI ist nur so gut wie die Datenbasis, auf der sie arbeitet – sie verstärkt funktionierende Systeme, ersetzt aber keine fehlenden Strukturen. Ihren vollen Mehrwert entfaltet sie nur innerhalb eines stabilen, strategisch ausgerichteten digitalen Ökosystems.
AUTOREN.
Dr. Frank Sambeth bringt über 25 Jahre Erfahrung in der digitalen Transformation in unterschiedlichen Kontexten mit, u. a. mit Fokus auf datengetriebene Geschäftsoptimierung. Zu seinen KI-Schwerpunkten zählen Use Case Journeys, Recommendation Engines und Trustworthy AI.
Tom Ruthsatz ist Principal und Branchenleiter Glasfaser bei Mücke Roth & Company und hat neben Stationen in der Telekommunikationsindustrie zahlreiche Projekte im Glasfasergeschäft geleitet.
Isabel Winden ist Senior Consultant bei Mücke Roth & Company hat bereits einige Projekte im Telekommunikationsbereich mit begleitet – mit Fokus auf der Entwicklung von Go-to-Market Strategien.