Wenn der Shift ins Stocken gerät – Stolperfallen und Best Practices bei der Migration auf Subscription-Modelle

JULI 2025

Oliver Gronau

Julian Busch

Ines Welte

„Wir haben vor einem Jahr angefangen, unsere Lizenzmodelle auf Subscription umzustellen. Heute sehen wir: weniger Umsatz, ein überforderter Vertrieb, kaum Buy-in vom Kunden. Wie machen das andere?“ Diese Frage stellen sich viele Software-Unternehmen, die sich angesichts steigender Marktdynamik und wachsendem Wettbewerbsdruck für ein wiederkehrendes Umsatzmodell entschieden haben. Relevanz hat das Thema inzwischen auch für Hardware-Hersteller: Immer mehr physische Produkte enthalten digitale Features oder sind über Software erweiterbar – und verlangen nach neuen Erlösmodellen mit langfristigem Kundenfokus.

Viele Unternehmen unterschätzen die Komplexität der Umstellung von Einmalzahlungen auf ein Abonnementmodell. Die Vorteile – höherer CLV, planbare Einnahmen, besserer Einblick in die Produktnutzung durch Kunden – sind in der Theorie eindeutig. Doch der Weg dorthin ist häufig holprig. Neben einer
engen & proaktiven Kommunikation mit Kunden und Partnern, die
Voraussetzung für eine erfolgreiche Umstellung ist, gibt es vier weitere Hebel, um typische Herausforderungen zu bewältigen. Anhand erprobter Best Practices zeigen wir im Folgenden auf, wie diese umgesetzt werden können.

1.
Umsatzdelle & Cashflow aktiv managen: Hybride Übergänge bewusst gestalten

Die Umstellung führt oft zu temporären Umsatzeinbrüchen – hohe Einmalzahlungen entfallen, bevor sich der Monthly Recurring Revenue (MRR) kumuliert. Diese sogenannte „Umsatzdelle“ sowie die damit einhergehenden Cashflow-Einbußen lassen sich jedoch deutlich abfedern – wenn sie frühzeitig einkalkuliert und operativ gesteuert wird (bspw. durch einen höheren Kreditrahmen, Incentivierung von Pre-Payments oder eine schrittweise Migration über bis zu drei Jahre).

Ein bewährter Ansatz ist eine segmentierte Migration. Statt eines Big Bang werden Kundengruppen, Produkte oder Regionen schrittweise auf das neue Modell umgestellt. Beispiel: Zuerst werden cloud-affine „Early Adopters“ migriert, dann die größeren „Mainstream-Kunden“ (bei denen die Umstellung aufgrund administrativer Hürden häufig etwas dauert) und zuletzt die kritischeren „Late Adopters“. Parallelangebote – also das gleichzeitige Anbieten von Einmalkauf und Abo – sorgen dafür, dass Bestandskunden sich nicht überrumpelt fühlen. Diese Flexibilität erhöht nicht nur die Akzeptanz, sondern senkt auch das
Risiko der Abwanderung.

Zusätzlich empfiehlt es sich, diese Übergangsphase finanziell zu planen: Wer etwa Rücklagen bildet oder Übergangsumsätze aus dem klassischen Modell gezielt nutzt, verschafft sich die nötige Luft zum Atmen – bis das Subscription-Modell greift. Wichtig für die Planung aus Finanzsicht ist außerdem ein interner Transitionsplan, in dem neue KPIs eine größere Bedeutung bekommen: Der Fokus verschiebt sich von Einmalumsätzen in Richtung MRR (Monthly Recurring Revenue) und ARR (Annual Recurring Revenue). Zudem muss das Rechnungswesen auf monatliche Zyklen vorbereitet sein – ein automatisiertes Billing-System ist dafür in der Regel unerlässlich.

2.
Vertriebsincentives anpassen – aber mit System

Die Vertriebsvergütung ist ein besonders sensibler Punkt in jeder Transformation. Wird sie nicht angepasst, verliert der Vertrieb und auch die Partner durch den Wechsel auf Subscription kurzfristig an Bonushöhe – was sich schnell in sinkender Motivation niederschlägt.

Ein duales Vergütungsmodell schafft hier Abhilfe. Klassische Einmalumsätze werden dabei beispielsweise mit einem Faktor 2 gewichtet, während Subscription-Umsätze – trotz ihres geringeren Anfangswertes – durch einen höheren Faktor (z. B. 3) incentiviert werden. So wird der finanzielle Anreiz für beide Modelle aufrechterhalten, ohne den strategischen Fokus auf wiederkehrende Umsätze zu verlieren.

Gleichzeitig sollten neue Erfolgskriterien eingeführt werden. Neben dem Volumen des Abschlusses gewinnen Metriken wie der Customer Lifetime Value (CLV), die Retention Rate oder das Wachstum des Annual Recurring Revenue (ARR) an Bedeutung. In der Übergangszeit können diese KPIs zusätzlich zu bestehenden Zielen berücksichtigt und nach und nach in das neue Vergütungsmodell überführt werden.

Doch auch das beste Modell nützt wenig ohne Training: Der Vertrieb muss befähigt werden, die Vorteile eines Abo-Modells glaubwürdig zu kommunizieren. Dazu gehören Argumentationslinien für planbare und gleichmäßige Kosten (OPEX statt CAPEX), die erhöhte Flexibilität für Kunden und konkrete
Erfolgsgeschichten
– z. B. in Form von Learnings & Best Practices aus bestehenden Pilotkundenprojekten.

3.
Customer Success als Schlüsselrolle in der Wertschöpfung

In einem Subscription-Modell endet der Verkaufsprozess nicht mit dem Abschluss – im Gegenteil, er beginnt dort erst richtig. Der Customer Success spielt dabei eine zentrale Rolle: Er kennt die tatsächliche Nutzung, die Herausforderungen und Potenziale der Kunden – und wird so zur wichtigsten Schnittstelle für Bindung und Wachstum.

Diese Nähe zum Kunden muss aktiv genutzt werden. Durch systematisches Monitoring von Nutzungsdaten lassen sich frühzeitig Warnsignale wie sinkende Aktivität oder Support-Anfragen erkennen – und gezielt gegensteuern. Gleichzeitig können CSM-Teams durch proaktive Empfehlungen zur Nutzung, gezielte Schulungen und individuelle Betreuung echten Mehrwert stiften. Diese Teams schaffen die Basis für erfolgreiches "organisches Wachstum" beim Kunden durch die Optimierung der Customer (Service) Experience sowie die Identifikation neuer Umsatzmöglichkeiten.

Jährliche Renewal-Zyklen sind dabei ein kritischer Hebel: Sie bieten Chancen für Bindung und Expansion, bergen aber auch das Risiko von Abwanderung. Deshalb ist klar zu regeln, wer dafür verantwortlich ist – Vertrieb oder Customer Success – und wie die entsprechende Incentivierung ausgestaltet wird.

Besonders wichtig: Customer Success sollte nicht isoliert arbeiten. Die Einblicke aus dem CSM sind eine wertvolle Quelle für die Weiterentwicklung des Produkts – ob bei Feature-Priorisierung, Usability oder Preismodell. Ein systematischer Rückfluss dieser Erkenntnisse in die Produktentwicklung macht das
Angebot besser – und stärkt langfristig die Kundenbindung.

4.
Enge Verzahnung als Erfolgsfaktor – Silos abbauen

Eine erfolgreiche Migration betrifft das gesamte Unternehmen. Besonders relevant ist die enge Zusammenarbeit zwischen Vertrieb, Produktentwicklung, Finance & Controlling sowie dem Customer Success Management. Doch gerade hier scheitern viele Organisationen an internen Silos.

Was hilft? Regelmäßige, bereichsübergreifende Alignment-Meetings schaffen Transparenz über gemeinsame Ziele, Herausforderungen und Fortschritte. Ein zentrales Dashboard mit klaren KPIs wie Net Revenue Retention, CLV (auch in Relation zur CAC (Customer Acquisition Cost)) oder NPS ermöglicht eine gemeinsame Sicht auf Erfolg. Noch wirkungsvoller: Gemeinsame Incentives. Wenn z. B. Vertrieb und CSM gemeinsam an einer Kundenzufriedenheitsmetrik gemessen werden, rücken die Teams automatisch näher zusammen.

Auch die Bildung crossfunktionaler Teams – etwa für neue Produktfeatures oder Marktlaunches – sorgt für einen abgestimmten Go-to-Market und erlaubt es, Feedback schneller zu integrieren und Ergebnisse zu beschleunigen. Natürliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Umstieg auf ein SaaS-Modell ist ein gut abgestimmter Produktmanagementzyklus, bei dem der Umstieg auf Cloud-Services, Sicherheitsgedanken, Rollout-Zyklen und Customer Support mit abgedeckt sind.

FAZIT.

Nicht nur ein Preismodell – sondern ein ganzheitlicher Kulturwandel

Die Umstellung auf Subscription ist weit mehr als eine Preisstrategie. Sie verändert, wie Unternehmen verkaufen, Kunden betreuen und Produkte entwickeln. Wer die Transformation aktiv gestaltet, erzielt langfristig höhere Stabilität, tiefere Kundenbindung – und nachhaltiges Wachstum.

Sie haben Fragen oder benötigen Unterstützung bei der Umstellung auf ein Subscription-Modell?

Kontaktieren Sie uns – Mücke Roth & Company unterstützt Sie dabei, den Transformationsprozess effektiv und nachhaltig zu gestalten – von der strategischen Planung bis zur erfolgreichen Implementierung.

Oliver Gronau

Sales- und Business Development Executive mit internationaler Erfahrung in der High-Tech-Branche und der globalen Automatisierungsindustrie.

Mail:

Julian Busch

Senior Consultant

Ines Welte

Senior Consultant

Ines Welte ist Senior Consultant bei Mücke Roth & Company. Mit ihrer Expertise in Marketing, B2C- und B2B-Vertrieb sowie in unternehmensinterner und -externer Kommunikation unterstützt sie Unternehmen erfolgreich bei der Umsetzung anspruchsvoller Projekte

Alle News ansehen