Partnervertrieb im B2B Software & Cloud Solutions-Markt: Wie aktiviere ich meine Partner?

27.02.2023 - Software & Cloud Solutions

Bei B2B-Software & Cloud Solutions-Anbietern („Anbieter“) wie globalen Hyperscalern (z.B. Microsoft, Salesforce), Unicorns (z.B. Personio, Celonis) oder auch lokale Start-Ups (z.B. Jedox, LeanIX) sind Partner für ca. 25% des gesamten Umsatzes verantwortlich. 

Dabei ergänzen Partner in der Regel die direkten Vertriebskanäle der Anbieter wie z.B. Telesales oder Online und helfen ihnen, in lukrativen Marktsegmenten erfolgreich zu werden. Typische Partner können dabei Systemhäuser (z.B. Bechtle, Canocom), Independent Software Vendors („ISVs“) wie z.B. Conga oder Vonage, IT-Beratungshäuser (z.B. Accenture, Capgemini) oder Agenturen (z.B. Merkle, DEPT) sein.

Jedoch sieht bei vielen der Anbieter die Partnerlandschaft so aus: 80% inaktive Partner, nur 20% aktive Partner. Inaktive Partner reduzieren sich dabei maximal auf eine Auftragsannahme während aktiv Partner eigenständig Vertrieb betreiben
durch beispielsweise Akquise-Gespräche und dadurch Nachfrage für das Software-Produkt erzeugen.

Durch die hohe prozentuale Anzahl von inaktiven Partnern bleiben viele Vertriebspotenziale ungenutzt. Daher gilt es, den Aktivierungsgrad von Vertriebspartnern nachhaltig zu erhöhen. Um dies zu erreichen, rufen viele Anbieter ein umfassendes Partnerprogramm ins Leben. Dieses besteht zumeist aus einem Website-basierten Partner Portal, Content zum Download, regelmäßigen Roundtables, Community Events und weiteren Angeboten. Soweit so gut. Das Problem dabei: Partnerprogramme werden oftmals feierlich gelauncht, versenken im Laufe der Zeit jedoch im Nirgendwo und sind zumeist sehr teuer aufzusetzen. Dadurch werden zu Beginn zwar viele Partner für das Programm gewonnen, aktiven Vertrieb im Sinne der Partnerschaft betreiben jedoch nur ca. 20%.

Um diese ernüchternden Ergebnisse zu vermeiden, kommt es genau darauf an, das Programm durch aktive Partner kontinuierlich am Laufen zu halten. Doch welche sind die Kern Hebel, um einen höheren Aktivierungsgrad der Partnerlandschaft zu erreichen?

PARTNER IN DEUTSCHLAND SIND VERWÖHNT. PERSÖNLICHE BEZIEHUNGEN & VERTRAUEN STEHEN AN OBERSTER STELLE.

Vertriebspartner sind, speziell in Deutschland, durch die große Auswahl an Angeboten und Partnerprogrammen sehr verwöhnt. Alleine im Bereich CRM-Systeme gibt es mehr als 20 Anbieter in Deutschland, die allesamt ein umfassendes Partnerprogramm anbieten. Gleiches gilt beispielsweise auch für Branchen wie Unified Communication Services. Denn eine der Kernursachen für einen niedrigen Aktivierungsgrad ist das passive vertriebliche Verhalten der potenzialträchtigen Partner, welches durch das Überangebot am Markt entsteht. Anstatt sich aktiv für den Erfolg der Partnerschaft einzusetzen, liegt der
Fokus vieler Partner auf der Vermarktung von Wettbewerbs- oder Komplementärprodukten. Denn selten sind Partnerschaften exklusiv.

Daher ist es wichtig, intensive Verbindungen zu den Partnern aufzubauen, denn B2B-Vertrieb basiert bekanntlich auf persönlichen Beziehungen („it´s a people business“). Damit ein Programm erfolgreich ist, müssen mindestens zwei Mitarbeiter sowie ein Executive in der Partnerorganisation zu Fans des Anbieters werden. Sie müssen ihre Karrieren an den Erfolg der Partnerschaft binden und damit maximales Commitment vorweisen. Erreicht werden kann dies beispielsweise durch offizielle Signings (z.B. Letter of Intent) oder regelmäßige Roundtables. Darüber hinaus muss die Partnerorganisation je nach Unternehmensgröße mindestens einen dedizierten Vertriebsmitarbeiter und einen Verantwortlichen für Customer Service zur Verfügung stellen. Dieses Commitment ist der Lackmustest der Partnerschaft. Sind diese Personen nicht zu finden, interessiert sich der Partner nicht ausreichend für den  gemeinschaftlichen Geschäftserfolg und eine weitere Zusammenarbeit ist nicht zielführend und erfolgsversprechend.

EINE AKTIVIERUNG DER PARTNER MUSS ENTLANG DER GESAMTEN PARTNER JOURNEY ERFOLGEN.

Ein Vertriebspartner durchläuft in der Regel einen vorgegebenen Prozess („Partner Journey“), die der Anbieter vordefiniert. Aktive Partner wird es jedoch nur dann geben, wenn dieser die ganze Journey durchläuft und sich in jeder Phase gut aufgehoben fühlt. Dabei gilt es durchgehende Hand-in-Hand Zusammenarbeit mit dem Partner zu forcieren. Geschieht dies nicht, wird der Partnervertrieb keine Nachhaltigkeit erreichen und somit auch keinen Geschäftserfolg verzeichnen können. Startet ein Vertriebsmitarbeiter innerhalb der Partnerorganisation seine Kundenansprache, es existiert aber noch kein funktionierender technischer Service oder es liegt kein unterstützendes Marketingmaterial vor, bricht die ganzheitliche Kette auseinander.

Um diesen Bruchstellen vorzubeugen, müssen gemeinsame „Give & Get´s“ etabliert werden, also ein gegenseitiges Geben und Nehmen, welche entlang der ganzen Partner Journey durchgezogen werden. Eine solche Journey besteht typischerweise aus den Phasen Interest & Recruitment, Onboarding, Enablement sowie Engagement & Growth.

  1. Interest & Recruitment
    Zum Start gilt es, gemeinsam mit dem Partner Fokuskunden zu definieren. Speziell für global agierende Anbieter kann das Türen zu neuen Kunden öffnen, die beispielsweise aufgrund von Datenschutzvorgaben, bereits existierender lokaler Referenzkunden etc. einen direkteren Zugang zu den Kunden haben. Darüber hinaus benötigen Partner vom ersten Tag an eine feste Kontaktperson. Nur so wird ein direkter persönlicher Austausch gewährleistet und dem Partner die notwendige Aufmerksamkeit und Wertschätzung geschenkt. Außerdem sollten bereits in der ersten Phase eindeutige Partner-Level definiert werden, um so das Programmangebot auf die Level-spezifischen Bedürfnisse abzustimmen. Mögliche Abstufungen könnten dabei Platinum, Gold und Silber oder etwa Tier 1, Tier 2 und Tier 3 sein.
  2. Onboarding
    In der Onboarding Phase gilt es, klare „Give & Get´s“ für den gemeinsamen Verkaufsprozess sowie die Umsetzung festzuhalten und diese in Service-Level-Agreements („SLAs“) zu gießen. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen zwischen dem Anbieter und dem Partner, welche beidseitig gerichtete Verpflichtungen dokumentieren. Ein Beispiel hierfür ist Commitment, welches mittels einer direkten Durchwahl und stetiger Erreichbarkeit zwischen dedizierte Ressourcen auf beiden Seiten festgehalten wird.Außerdem stellen Schulungen einen essenziellen Teil der Onboarding Phase dar. Diese nehmen einen großen Teil der Aktivierung ein und sind in jeder Phase der Partnerschaft wichtig. Mögliche Schulungsformate sind dabei:
    › Webinare
    › Broschüren
    › Zertifizierungskurse
    › In-Person Trainings
    › …
  3. Enablement
    Hat der Partner die Onboarding Phase erfolgreich abgeschlossen, ist er bereit für den eigenständigen Marktangang. Auch hier sollte der Partner so eng wie möglich begleitet werden. Um die Basis für gemeinsamen Geschäftserfolg zu bauen, sollte ein „End-to-End-Denken“ und digitale Exzellenz im Marketingkatalog der Partner aufgebaut werden. Der Marketingkatalog sollte dabei so schlank wie möglich sein und nur Angebote enthalten, die der Partner auch wirklich nutzt. Mögliche Inhalte eines solchen Marketingkatalogs könnten vordefinierte und vorverhandelte Pakete für Lead-Generierungs-Kampagnen, Events und Referenzen oder auch vertrieblich orientierte Marketingunterlagen wie beispielsweise Sales Pitches sein.
  4. Engagement & Growth
    Engagement & Growth ist die entscheidende Phase der Partner Journey, da hier Business Impact – also der gemeinschaftliche Geschäftserfolg – erreicht werden kann. Hierbei gilt es, einen validen und realistischen Blick auf die gemeinsame Pipeline zu entwickeln. Typische Fragestellungen, die es hier zwischen beiden Parteien zu beantworten gilt, sind:› Wie lange dauert ein typischer Sales Zyklus (damit der Partner nicht die Geduld verliert)?› Was sind wichtige Zwischenerfolge vor der Vertragsunterzeichnung?
    › Wird dem potenziellen Kunden vor Vertragsunterzeichnung eine Produkt-Demo angeboten? Falls ja, wer führt durch die Demo?
    › Wie lange dauert es vom Start der Demo bis zum ersten Check-In?
    › Wie qualifiziert man einen Lead und wie lässt sich dieser aufgrund von Unternehmensdaten vorqualifizieren?
    › Wann wird Telesales in den Vertriebsprozess mit eingebunden?
    › Wie lässt sich die Qualität eines Leads mittels Test-Setups definieren?
    › …

PARTNER INCENTIVIERUNG: MARKET DEVELOPMENT FUND („MDF“) ANGEBOTE MÜSSEN INTELLIGENT UND PRAGMATISCH GEBAUT SEIN.

Kern-Hebel für die Aktivierung von Partnern ist außerdem die Incentivierung dieser. Wie bereits beschrieben sind Partner überaus verwöhnt. Um bei der Rekrutierung neuer Partner überhaupt Interesse zu erzeugen, braucht es ein attraktives MDF-Angebot. Das Kern Problem bei vielen MDF-Programmen ist jedoch, dass ein bereits zur Verfügung gestelltes Volumen vom Partner nicht in der Höhe gezogen wird, da er inaktiv ist. Daher gilt es festzustellen, wie viel MDF (durchschnittlich) wirklich vom Partner ausgegeben wird. Ist die Summe zu gering, ist dies ein klarer Indikator, dass die Partner Community nicht aktiv genug ist. Um ein MDF-Angebot lukrativ und nutzbar zu machen, gilt es drei Grundsätze zu beachten:

  1. MDF fähige Aktivitäten sollten stets in einer 50:50 Finanzierung pro Maßnahme münden und immer mit einem Lead Commit (Marketing Qualified Lead) einhergehen.
  2. Es sollte eine Grenze an Buchungsvolumen (in €) geben, welche Partner auf Quartalsebene ausgeben dürfen – trotz eines jährlichen MDF-Budgets. Der Quartalsdruck sollte dabei bewusst erzeugt werden, um eine ganzjährige Steuerbarkeit zu gewährleisten.
  3. „Simplicity is key“: Antragsprozesse dürfen nicht zu komplex und zeitraubend für die auszufüllende Person sein. Einfache Formulare mit leicht zu bedienenden DropDowns sollten die Kern Informationen abfragen und wenig Raum für offene Fragen lassen.

IST DIE PARTNERSCHAFT ÜBERHAUPT ERFOLGREICH? MESSBARES KPI-TRACKING GIBT AUFSCHLUSS ÜBER DEN GRAD DER AKTIVIERUNG.

Leider funktionieren Partnerprogramme in der Theorie meist besser als in der Praxis. Angebote werden dem Partner euphorisch präsentiert, Nutzungs- und Aktivierungsraten sind dabei jedoch zumeist ernüchternd. Um sicherzustellen, dass der Partner nicht nur nimmt, sondern auch gibt, ist eine gemeinsame Aktivitätenplanung mit anschließendem messbarem KPI-Tracking unabdinglich. Ein Tracking sollte dabei stets auf zwei Ebenen stattfinden:

  1. Tracking der Aktivitäten (Typische KPIs: Anzahl & Status der Aktivtäten, Art der Aktivität etc.)
  2. Tracking der Business KPIs (Typische KPIs: Generierte Leads durch den Partner, Share of Voice des Programms oder ARR durch Partner etc.)

PARTNER AKTIVIERUNG IST DAS FUNDAMENT FÜR SKALIERBARES WACHSTUM.

Partnervertrieb als Kern Bestandteil des Kanalmixes ist bereits seit längerer Zeit bekannt. Gerade jedoch bei immer komplexer werdenden Software-Produktangeboten, wo es darum geht, Vertrauen seitens der Kunden zu erlangen, ist es für den Großteil der Anbieter nicht möglich, das gesamte Vertriebspotential ohne Partner zu heben. Verticals können nicht erschlossen werden, Kunden werden nicht angesprochen und Vertrauen nicht aufgebaut. Daher gilt es, für skalierbares Wachstum den Weg über Vertriebspartner zu wählen.

Dabei haben sich vier Kern Hebel rauskristallisiert, die ein Anbieter richtig gut machen muss, um ein erfolgreiches und skalierbares Modell mit aktiven Partnern zu etablieren. Vertrauen und gute persönliche Beziehungen sind dabei das Fundament einer Partnerschaft, gefolgt von einer ganzheitlichen Partner Journey, intelligent und pragmatisch organisierten MDF-Angeboten sowie gute gemeinsame Tracking- und Reportingroutinen.

Schafft es ein Anbieter jedoch nicht, in allen dieser vier Kern Hebel Exzellenz aufzubauen, wird es keinen gemeinschaftlichen Geschäftserfolg gehen. Und aus einer aktiven und erfolgsversprechenden Partnerschaft wird schnell eine inaktive werden.

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Ansprechpartner: Philipp Mutschler, Manager und Leiter Geschäftsfeld Software & Cloud Solutions
Mail. p.mutschler@muecke-roth.de


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